Wir freuen uns sehr! Heute geht Weiter Schreiben – das literarische Portal für Autor*innen aus Krisengebieten online!
Wir, Annika Reich und Ines Kappert, haben mit vielen Autor*innen aus Krisengebieten gesprochen und sie gefragt, was sie sich wünschen. Die Antwort, die wir am häufigsten gehört haben, war: „Weiter Schreiben“. Weiter schreiben zu können, heißt aber auch weiter gelesen zu werden. Denn das Schreiben und das Gelesenwerden gehören zusammen. Man schreibt nicht für sich, man schreibt aus sich heraus.
Für Autor*innen ist es elementar, dass der Prozess des Schreibens nicht abbricht. Schreiben ist nicht nur eine Kunst, es ist auch eine Lebensform, eine Art, die Welt wahrzunehmen, sich auf sie einen Reim zu machen und sich darüber mit ihr in Beziehung zu setzen.
Das gilt für Autor*innen aus Kriegs- und Krisengebieten in besonderem Maße. Für sie ist der Schreibprozess durch die politische Situation nicht nur unterbrochen, sondern manchmal sogar lebensgefährlich. Mussten die Künstler*innen ihr Land oder ihre Region verlassen, bricht ihnen zudem der eigene Sprachraum weg.
Weiter Schreiben verbindet deshalb ein künstlerisches und ein politisches Anliegen. Wir präsentieren Autor*innen, die radikal neu anfangen müssen, mit literarischen Kurzformen: Gedichte, Kurzgeschichten, literarische Essays in der Originalsprache und der deutschen Übersetzung. Sie bereichern unsere Vorstellungswelten, vertiefen den transkulturellen Dialog und durchkreuzen Stereotypen und Lesegewohnheiten. So zeigen feministische Perspektiven eine weniger beachtete Auseinandersetzung mit Krieg und Alltag etwa in Syrien und dem sogenannten Nahen Osten insgesamt. Rom-Autor*innen bringen sich literarisch zu Gehör und brechen mit rassifizierenden Stereotypen von der größten Minderheit in Europa.
Wer sein Land abrupt verlassen muss, der verliert oft große Teile seiner Netzwerke. Wer fortwährend diskriminiert wird, hat es schwer, in die Öffentlichkeit zu gehen. Umso wichtiger ist es, neue und andere Netzwerke zu gewinnen, die einen Zugang zu einem unbekannten Literatur- und Medienbetrieb ermöglichen. Daran arbeiten die Autor*innen-Teams, zu denen zahlreiche bekannte deutschsprachige Autor*innen gehören. Sie stammen zum Teil selbst aus Kriegs- und Krisengebieten und teilen die Erfahrung eines radikalen Umbruchs und Neuanfangs.
Gemeinsam feilen die Autor*innen an den literarischen Texten und Übersetzungen und tauschen sich über den Literaturbetrieb und ästhetische Entscheidungen aus, damit aus Weiter Schreiben mehr entstehen kann. Fest steht schon jetzt: 2018 erscheint eine Auswahl der aus auf Weiter Schreiben publizierten Texte im Blumenbar Verlag.
Zu den ersten literarischen Teams gehören Souad al Khatib und Antje Rávic Strubel, Galal Alahmadi und Tanja Dückers, Lina Atfah und Nino Haratischwili sowie Ramy al Asheq und Monika Rinck.
In Kooperation mit literarischen Institutionen wie dem Literarischen Colloquium, dem Haus der Poesie, dem Secession Verlag für Literatur sowie Buchhandlungen und Bibliotheken aus unserem Meet Your Neighbours-Netzwerk werden wir bundesweit Lesungen veranstalten.
Zum Auftakt von Weiter Schreiben findet am 18. Mai um 19.30 Uhr eine Lesung mit syrischen Autor*innen in der arabischen Bibliothek Bayetna in Berlin statt. Weitere Infos dazu folgen hier auf unserer Website.
Weiter lesen jetzt: www.weiterschreiben.jetzt
Gefördert wird Weiter Schreiben von dem Hauptstadtkulturfonds, der Schering Stiftung, dem Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Goethe-Institut.